19. März 2024  |  IHK-Regionalausschuss LL diskutiert Wege aus dem Spinnennetz der Bürokratie

61 Prozent der Unternehmen in der Region München – so viele wie noch nie – benennen in der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko für ihre Geschäftstätigkeit. Vier von zehn geben an, dass sie vor allem die überbordende Bürokratie […]

61 Prozent der Unternehmen in der Region München – so
viele wie noch nie – benennen in der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage die
wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko für ihre Geschäftstätigkeit.
Vier von zehn geben an, dass sie vor allem die überbordende Bürokratie als größten
Bremsklotz erleben. Die Belastung durch gesetzliche Auflagen und regulatorische
Vorgaben ist für die Unternehmen enorm und wächst nahezu wöchentlich. Anlass für
die Mitglieder des IHK-Regionalausschusses Landsberg, das Gespräch mit Walter
Nussel (CSU) zu suchen, Mitglied des Bayerischen Landtags und seit 2017 Beauftragter für Bürokratieabbau der Bayerischen Staatsregierung.
Dass die Stimmung schlecht sei, sowohl bei den Unternehmen als auch den Bürgern,
das bestätigte Landrat Thomas Eichinger (CSU), Gastgeber des Treffens im
Landratsamt. „Wir sind in einer Spirale gefangen“, erklärte Eichinger und betonte,
dass Bürokratieabbau für eine Behörde wie die seine auch nur dann möglich sei,
wenn es der Gesetzgeber zulasse, also die Vorgaben lockere und damit den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr Handlungsspielraum einräume.
Ihm sei die Notwendigkeit einer solchen Vorgehensweise bewusst, bestätigte Nussel.
„Wir müssen weg vom Gedanken, alles regeln zu wollen. Wir müssen hin zu mehr
Eigenverantwortung und zur Bereitschaft, auch ein gewisses Restrisiko zu tragen.
Dafür braucht es aber auch die Akzeptanz bei den Menschen.“ Inzwischen sieht
Nussel durch den Regulierungswahn sogar die Grundversorgung der Bevölkerung in
wichtigen Bereichen gefährdet, weil wichtige Erneuerungen und Neuinvestitionen
durch Auflagen zeitlich verschleppt werden und hinsichtlich der Kosten ausufern.
Sein oberstes Credo laute, so Nussel, dass die Verhältnismäßigkeit wieder
zurückgewonnen werden müsse. „Wenn es ein Prozent an schwarzen Schafen gibt,
dürfen die restlichen 99 Prozent, die ehrlich ihren Aufgaben nachkommen, nicht unter
den Reglementierungen für das eine Prozent leiden.“
Im Austausch mit dem Politiker führten die anwesenden Unternehmer zahlreiche
Beispiele ins Feld, um ihm Irrsinn und auch Bedrohlichkeit der Lage vor Augen zu
führen. Von aus Sicht der Unternehmerschaft unverständlichen Auflagen bezüglich
der Verwendung des selbst produzierten Solarstroms in verschiedenen Gebäuden an
einem Unternehmensstandort oder über Geldwäschevorgaben im Immobilienbereich
bis hin zur Bedrohung durch Abmahnvereine war die Rede. Letztere nutzen die von
den Unternehmen nicht mehr zu überblickende Vorgabenflut aus, um mit Abmahnklagen Geschäft zu machen.
Es ist so viel an Bürokratie, stellte Reinhard Scheuermann, stellvertretender
Vorsitzender des Regionalausschusses, fest, dass es gerade für die kleineren
Betriebe unmöglich sei, alles im Blick zu behalten und zu erfüllen, wenn man sich als
Unternehmer eigentlich auf sein Tagesgeschäft fokussieren müsse.
Die Anwesenden dankten Nussel aber auch für seine Arbeit, die einem Kampf gegen
Windmühlen gleiche, so ein Unternehmer. Aber es brauche zwingend jemanden, der
Ministerien und Behörden immer wieder mit der Nase auf die Probleme der
Bürokratie und die Umsetzung der Vorgaben stoße. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag vom Herbst 2023, der ein zweijähriges Moratorium für den Erlass neuer
Verwaltungsvorschriften, eine maximale Geltungsdauer von fünf Jahren für die
meisten Verwaltungsvorschriften und das Ziel, bis Mitte 2024 mindestens zehn
Prozent aller Verwaltungsvorschriften zu streichen, vorsieht, mahnte Reinhard Häckl,
Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses, an: „All diese Vorschläge begrüßen wir
uneingeschränkt. Doch jetzt müssen wir Taten folgen.